Der Laufbus als Erfolgsgeschichte
Interview mit Verena Nölle
Verena Nölle gründete vor knapp 17 Jahren den „Schulexpress“ und organisiert diesen mittlerweile an über 150 Schulen. Dafür hat sie den Preis zur Stadtkampagne 2004 und vom Bundespräsidenten das Bundesverdienstkreuz bekommen.
Keine Frage, dass wir uns von der „Mutter aller Laufbusse“ Tipps einholen.
verkehrshelden.com: Frau Nölle, wozu braucht es unbedingt einen Laufbus?
Verena Nölle: Es gibt keine schnellere Methode zur Schule zu kommen: keine Staus, keine Parkplatzsuche, kein Eiskratzen im Winter. Und die Kinder bewegen sich an der frischen Luft. Besser geht’s nicht! Ich verstehe nicht, wieso Kinder selbst kurze Strecken zur Schule gefahren werden. 25 Prozent der Eltern fahren ihr Kind zur Schule. Das klingt erstmal nicht viel, aber wenn man das hochrechnet, ist es so, dass alle 5 Sekunden ein Auto kommt oder fährt – eine Frequenz wie auf einer Autobahn!
Mit 10 bis 12 SCHULEXPRESS-Haltestellen in der Schulumgebung verteilt sich der Verkehr – Stress und Unfallgefahren werden deutlich minimiert.
verkehrhelden.com: Was ist das Wichtigste bei der Laufbus-Organisation?
Verena Nölle: Von Anfang an alle mit ins Boot zu holen: Eltern, Schule, Polizei und Politik. In der Schule läuft die Organisation zusammen. Eltern sollten nach Gefahrenstellen auf dem Schulweg ihres Kindes befragt werden – findet man für diese keine sichere Lösung, wie z. B. einen kleinen Umweg, muss man darüber mit der Stadt reden. Die Haltestellenpläne sollten vorab auch aus Sicherheitsgründen mit der Polizei abgestimmt werden. Und mit der Stadt werden die Orte der Haltestellen besprochen – wichtig sind hier die Verkehrssicherheit sowie Laternen für die Beleuchtung und zur Befestigung der Schilder.
Und übrigens: die Presse berichtet gerne über solche Vorbild-Projekte.
Das Wichtigste bei einem Laufbus-Projekt ist es, von Anfang an alle mit ins Boot zu holen: Eltern, Schule, Polizei und Politik. In der Schule läuft die Organisation zusammen.
verkehrshelden.com: Welche Schwierigkeiten tauchen öfters auf?
Verena Nölle: Begleitpersonen zu finden ist teilweise schwierig. Aber das braucht es nur in den ersten zwei Wochen. In der ersten Woche werden die Kinder noch ganz begleitet, danach gehen sie ein Stück der Strecke schon mal alleine. Das wird nach und nach gesteigert. Wenn dieser Zeitraum klar kommuniziert wird, findet man meistens Eltern dafür. Ansonsten habe ich auch schon erlebt, dass sich das Lehrerkollegium dafür freiwillig gemeldet hat, um den SCHULEXPRESS in Gang zu bringen.
verkehrshelden.com: Was ist die größte Herausforderung?
Verena Nölle: Die Eltern mitzunehmen. Ich habe vollstes Verständnis für die Ängste der Eltern, Ihr Kind den Schulweg ohne ihre Begleitung gehen zu lassen. Aber, um es mal provokant zu sagen: Wenn ein Kind nicht selbstständig zur Schule gehen kann, gehört es wohl noch nicht in die Schule! Außerdem sind die Kinder selbst so stolz, wenn sie etwas alleine dürfen und das schaffen. Ein enormer Schub für ihre Selbstständigkeit und das Selbstvertrauen. Dieses zu stärken gehört auch zu den Erziehungsaufgaben.
Ich spreche immer zuerst mit dem Elternbeirat der Schule. Ein großer Teil der Eltern ist in der Regel dafür zu gewinnen, wenn ich Ihnen den Spiegel vorhalte. Natürlich gibt es aber auch andere Eltern. Da lautet mein Tipp: Mit Eltern nicht anlegen! Lieber ein Miteinander und Füreinander propagieren und auf Aufklärung setzen. Wichtig ist der Weg über die Kinder, die für das Projekt wesentlich leichter begeistert werden können.
verkehrshelden.com: Wie motivieren Sie die Kinder?
Verena Nölle: Einerseits durch Belohnung. Die Klassen, die den SCHULEXPRESS besonders viel nutzen, bekommen einen Pokal. Da gibt es aber viele Möglichkeiten, die auch nicht unbedingt was kosten müssen, beispielsweise hausaufgabenfrei. Dann über eine begleitende, lebendige Verkehrserziehung. Wir trainieren unter anderem Koordination und Motorik auf Roller und Fahrrad und erklären den Toten Winkel erlebnisorientiert.
Und schließlich motivieren sich die Kinder selbst durch die Erfahrungen mit dem SCHULEXPRESS. Es ist immer wieder schön, zu sehen, dass die Kinder bewegt sind, es Ihnen Spaß macht und dadurch Selbstständigkeit und Selbstbewusstsein gefördert werden.
Wenn Sie die Unterstützung von Verena Nölle für einen Laufbus an Ihrer Schule möchten, können Sie sich hier mit ihr in Verbindung setzen: schulexpress.de
Mit unserem digitalen Pixi-Buch „Sicher zur Schule mit Frieda und Felix“ lernen Kinder mit einer spannenden Geschichte, wie ein Laufbus funktioniert und was alles zu beachten ist, um sicher zur Schule zu kommen.